Zugversuche und Schalltomografie für die Untersuchung von Bäumen
Am 17. und 18. November wurden erstmals in der Welterbestadt Quedlinburg Zugversuche an Bäumen durchgeführt. Dabei wird eine Windlast simuliert, um die Standsicherheit einzelner, stadtbildprägender Eichen zu bewerten. Im Brühlpark wurde zudem eine Linde per Schalltomografie untersucht. Beide Verfahren werden angewandt, wenn Bäume nach visueller Einschätzung Defektsymptome zeigen, deren Ursache nicht genau bestimmt werden kann. Dazu gehören beispielsweise Ausbauchungen, Stammfußverbreiterungen oder Astausbrüche, die eine innenliegende Schädigung des Holzes annehmen lassen.
Bei vier Eichen im Friedrich-Ebert-Park wurde im unteren Stammbereich ein Pilzbefall durch den tropfenden Schillerporling festgestellt, informierte Kai Wiebensohn, verantwortlich für Grünflächen und Forste am städtischen Bauhof: „Dieser Pilz ist ein holzzersetzender Pilz und befällt die Wurzeln alter Eichen, was deren Standfestigkeit einschränkt.“ Den Grad der Schädigung im Wurzelbereich könne man nicht durch Sondieren oder Klopfen ermitteln, da zumeist die Unterseite betroffen sei, so Kai Wiebensohn weiter.
Als zerstörungsfreie Methode zur Beurteilung des Stamminneren können sogenannte Zugversuche herangezogen werden. Über ein Seil ist der zu untersuchende Baum einer Zugkraft durch eine Winde ausgesetzt. Zuvor am Baumstamm angebrachte Dehnungs- und Neigungssensoren zeichnen die Veränderung der Holzfasern und die Neigung der Wurzelplatte auf. Es entstehen große Datenmengen, die der Baumsachverständige David Sassmann von der Firma amtage Landschaftsarchitektur und Sachverständigenbüro GmbH mithilfe einer Software auswerten lässt. Er erklärt: „In einigen Wochen werden wir die Ergebnisse in einem Gutachten zusammenfassen und die Standsicherheit jedes getesteten Baumes beurteilen können. Daraus können dann weitere pflegerische und sicherheitsrelevante Maßnahmen, wie Fällung oder Einkürzung, abgeleitet werden.“
Jörg Ohlendorf, Baumkontrolleur beim städtischen Bauhof verweist auf die hohen Kosten dieser Baumdiagnostik und betont, dass nur ausgewählte Bäume untersucht werden. „Das Ziel unserer Arbeit ist der Erhalt alten Baumbestandes unter der Berücksichtigung der Verkehrssicherheit“, führt er weiter aus und ergänzt, dass die betroffenen Bäume etwa 140 Jahre alt seien. Sie könnten noch älter werden, wären aber durch den Pilz geschwächt und könnten sich nicht mehr ideal versorgen. Durch entsprechende Schnittmaßnahmen könne man aber Unterstützung leisten und das Absterben hinauszögen.
Im Brühl wurde parallel eine stadtbildprägende Linde einer Schalltomografie unterzogen. Diese wesentlich kostengünstigere Untersuchung ist ebenfalls zerstörungsfrei und nutzt Schallimpulse, die durch Klopfen in den Stamm geschickt werden. Dabei bewertet eine Software die eingehenden Daten aus dem Inneren des Baumes und berechnet die Geschwindigkeit, die die Impulse zwischen verschiedenen, außen angebrachten Messpunkten zurücklegen. In der Auswertung entsteht ein Bild, das farbliche Bereiche kennzeichnet und Rückschlüsse auf die Holzqualität im Stamminneren zulässt. David Sassmann erklärt dazu: „Je schneller der Impuls, desto intakter das Holz. Langsamkeit bedeutet Fäulnis.“ Auch aus dem Gutachten anhand dieses Verfahrens wird die Welterbestadt Quedlinburg pflegerische Maßnahmen ableiten, um die Standsicherheit der Linde zu gewährleisten.